Hamburger Verständlichkeitsmodell

Inghard Langer, Friedemann Schulz von Thun, Reinhard Tausch

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Ziel

Die TeilnehmerInnen sollen die Merkmale der Textverständlichkeit nach dem Hamburger Verständlichkeitsmodell kennen und verstehen und sie im besten Fall auch selbst anwenden können.

 

Kontext

  • Schreiben
  • Präsentation

 

Theorie und Praktische Einführung

(basierend auf Langer et al. (2011): Sich verständlich ausdrücken)
Die drei Hamburger Psychologie-Professoren Inghard Langer, Friedemann Schulz von Thun und Reinhard Tausch haben selbst einige negative Erfahrungen (vor allem im (Hoch-)Schulbereich) mit unverständlichen Texten gemacht. Also beschlossen sie, sich Gedanken darüber zu machen, woran man einen verständlichen Text erkennt.

Sie gehen von der Annahme aus, dass Verständnisschwierigkeiten nicht an der Leserin/am Leser oder an schwer verständlichen Inhalten liegen, sondern vielmehr an einer umständlichen Ausdrucksweise (vgl. Langer et al. 2011: S. 16) der Autorin/des Autors.

 

Das Resultat der Überlegungen und Forschungen zu diesem Thema sind vier Merkmale der Verständlichkeit. Wenn ein Text diese vier Merkmale in optimaler Form erfüllt, wird er lieber und leichter gelesen, besser verstanden und leichter im Gedächtnis behalten.

 

Die Merkmale samt Beurteilungskriterien und optimaler Ausprägung:

 

1. Einfachheit

einfach:einfache Darstellung, kurze, einfache Sätze, geläufige Wörter, Fachwörter erklärt, konkret, anschaulich   kompliziert:komplizierte Darstellung, lange, verschachtelte Sätze, ungeläufige Wörter, Fachwörter nicht erklärt, abstrakt, nicht anschaulich
++ + 0
Einfachheit ist das wichtigste Merkmal! Das Optimum heißt ++

 

2. Gliederung und Ordnung

gegliedert und geordnet:gegliedert, folgerichtig, übersichtlich, Unterscheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem, roter Faden, alles der Reihe nach   ungegliedert, zusammenhanglos:ungegliedert, zusammenhanglos, wirr, unübersichtlich, schlechte Unterscheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem, kein roter Faden, durcheinander
++ + 0
Ebenfalls sehr wichtig. Auch hier heißt das Optimum ++

 

3. Kürze und Prägnanz

kurz und prägnant:zu kurz, aufs Wesentliche beschränkt, gedrängt, konzentriert, knapp, jedes Wort ist notwendig   weitschweifig:zu lang, viel Unwesentliches, breit, abschweifend, ausführlich, man hätte vieles weglassen können
++ + 0
Hier ist keine der Extrem-Ausprägungen sinnvoll. Sowohl zu knappe Texte als auch zu weitschweifige Texte erschweren das Verständnis. Das Optimum liegt bei 0 oder +

 

4. Anregende Zusätze

mit anregenden Zusätzen:anregend, interessant, abwechslungsreich, persönlich   ohne anregende Zusätze:nüchtern, farblos, gleichbleibend monoton und neutral, unpersönlich
++ + 0
Das Optimum hängt von der Ausprägung der anderen Merkmale ab. Bei kurzer und einfacher Darstellung sowie guter Gliederung wirken einige Zusätze anregend und interessant. Bei unübersichtlichen Texten erhöhen sie zusätzlich die Verwirrung. Zu viel solle es niemals sein – daher liegt das Optimum bei 0 oder +

 

Ein optimal verständlicher Text nach dem Hamburger Verständlichkeitsmodell ist daher: einfach geschrieben, prägnant, aber nicht zu knapp, gut und logisch gegliedert und mit einigen interessanten Zusätzen versehen.

 

Kommentar

Dieses Modell eignet sich nicht nur zur Erstellung von Texten, sondern auch zum Aufbau von Präsentationen.

 

Richtiger Zeitpunkt/Voraussetzungen

Es gibt keine inhaltlichen Voraussetzungen für dieses Modell.

 

Weiterführende Literatur

 

Beispiel-Training (80+ Minuten)

Zeit Beschreibung Material
15’ Erklärung der Merkmale und der optimalen Ausprägung Flipchart oder Beamer
20‘ TN bekommen Texte (z.B. Artikel aus Fachzeitschriften) und sollen sie anhand der Merkmale bewerten. (alleine oder in kleinen Gruppen) Kopien von Artikeln aus Fachzeitschriften
15‘ Nachbesprechung der Übung (Was ist aufgefallen? Was war gut? Was war das häufigste Problem?)  
30‘ Die TN sollen eigene Text (oder kurze Präsentationen) zu einem (fachlich relevanten) Thema verfassen und dabei versuchen, die Merkmale optimal zu erfüllen (Thema z.B. ‚Daran arbeite ich gerade‘) Papier, Stifte (oder Laptops)
? Präsentation bzw. Lesen der Texte – Feedback durch andere TN und Trainer/in (Dauer hängt von der Gruppengröße und Art der Aufgabenstellung ab)  

 

Du kennst weitere Theorien und Modelle zu diesem Thema oder hast gute Ideen, wie man dieses Modell ins Training einbauen kann?

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